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Es läuten die 4 klangvollen Stahlglocken aus Bezau, dem Hauptort des Bregenzerwaldes.


Töne: des' es' f' as'

Gießer: Gebrüder Böhler, Kapfenberg 1921

Das Totenglöcklein (ges"), zuoberst im kleinen Türmchen untergebracht, stammt aus dem Jahr 1716.


Die Pfarrkirche St. Jodok wurde am 28.10.1908 eingeweiht und ist ein großer neubarocker Kirchenbau. Den ersten Plan entwarf Architekt Albert Rimli aus Frauenfeld/CH. Schlussendlich entschied man sich aber für den Entwurf von Baumeister Seraphin Pümpel aus Feldkirch. Beachtenswert ist das Hochaltarbild von Matthäus Zehender. Es stammt aus dem Jahr 1684 und stellt die Heiligen Drei Könige dar.
Im mächtigen Nordturm, dessen unterer Teil noch aus gotischer Zeit stammt, läuten vier Stahlglocken aus dem Böhlerwerk in Kapfenberg.

Bezau ist der Geburtsort des Barockbaumeisters Peter Thumb (1683 - 1766), auf den mindestens 30 Großbauten, hauptsächlich Klöster und Kirchen, zurückgehen.


Ein großes Dankeschön dem Herrn Pfarrer!


Im kleinen Ort am Fuße der Reichsburg Trifels im Pfälzerwald fällt besonders die bemerkenswerte spätklassizistische Pfarrkirche (mehr dazu weiter unten) auf, die über ein kleineres, aber elegantes vierstimmiges Geläute im Präfationsmotiv verfügt. Die historische Grundglocke ist sogar etwas älter als der Kirchenbau und wurde vom Zweibrücker Gießermeister Christoph Klein 1779 für die Vorgängerkirche gegossen. Diese wurde nach dem Krieg 1952 um drei neue Glocken von Hermann Hamm in Frankenthal ergänzt, somit sind Glocken eines westpfälzischen Gießers der Barockzeit und dessen Enkelschülers in einem Turm vereint: Christoph Klein und die lothringischen Couturier, die viel in Gemeinschaft gossen, waren die Lehrmeister von Peter Lindemann, der die Rippenform der Kleins weiterführte und wiederum Lehrmeister von Andreas (und Georg) Hamm war, der später in Frankenthal Mitte des 19.Jh die bestehende Gießerei von Sprinckhorn & Schrader weiterführte und die Lindemannsche Grundlinie in seinen Stil übernahm.

I -- a1 -4 -- 870 mm / ~400 kg -- Christoph Klein in ZW-Ernstweiler 1779
II -- c² -2 -- 785 mm / 300 kg -- Hermann Hamm, Frankenthal,1952
III -- d² -4 -- 690 mm / 205 kg -- " "
IV -- e² -3 -- 615 mm / 145 kg -- " "

Die typischen Zweibrücker Palmetten an der Schulter sind das einzige Ornament auf der a1, die eine sehr leichte Rippenmensur und eine ausgesprochen milde Klanggebung aufweist. Heiligenreliefs und Patronat sowie fromme Weihesprüche fehlen. Die generell sparsamen und lapidaren Schmuckformen entsprechen auch sonst dem künstlerischen Stil Kleins. Die Aufschrift in Kapitalistype auf der Flanke gibt Aufschluss über die Beschaffung der Glocke:
RINTHALLER GROESTE GLOCKE BEZAHLT WORDE(N) AVS DENEN WILLGARTSWIESEN KIRCHEN GEFAELLEN GOS MICH CHRISTOPH KLEIN VON ERNSTWEYLER 1779

Leider wurde diese Glocke bei ihrer Ergänzung im Sinne eines idealisierten harmonischen Gesamtklangbildes erheblich korrigiert, die tonvertiefenden Stimmspuren am Sitz des Untertons und der Prime legen den Schluss nahe, dass sie original eine Unterseptimglocke mit erhöhter Prime gewesen sein könnte, was auch dem Wesen einer Barockglocke entspricht. Zudem ist sie an der Schärfe insgesamt höher gestimmt worden.

Um die Baugeschichte dieser in der pfälzischen Architekturlandschaft sehr auffälligen Dorfkirche mit ihrem großartigen ionischen Säulenportikus als Unikum ihrer Art ranken sich einige Legenden - die bekannteste besagt, dass irrtümlich im bayerischen Bauamt in München die Baupläne zweier Kirchen vertauscht worden seien. Die Wahrheit ist jedoch noch kurioser. Tatsächlich fällt die Bauzeit von 1831 bis 34 in die Frühzeit der bayerischen Regierung in der Rheinpfalz. Anlass für den ambitionierten Neubau war die baufällig gewordene alte mittelalterliche, zudem viel zu kleine Holzkirche, die an gleicher Stelle längs zur Straße stand, verbunden mit dem Ziel der pfarrlichen Selbstständigkeit, denn damals war sie Filiale von Wilgartswiesen.
Ein erster Entwurf des einheimischen Bauschaffners Flöringer aus Landau nach den Vorstellungen der Kirchgemeinde von einem Gotteshaus im modernen Stil wurde vom königl. bayer. Bauamt in Speyer abgelehnt: zu groß, zu aufwändig, zu teuer. Dies ließen sich die Rinnthaler Gemeindevertreter nicht auf sich sitzen und wandten sich direkt an ihren König Ludwig I, der ohne Umschweife sich dafür einsetzte, dass seine Untertanen ihr gewünschtes Vorhaben verwirklichen können. Er wies seine Architekten Johann Daniel Ohlmüller und Leo Klenze an, den Entwurf zu überarbeiten, der dann dem Speyerer Bauamt vorgelegt und wie auf wundersame Weise von diesem akzeptiert wurde, obwohl er noch aufwändiger und kostspieliger ausfiel als der ursprüngliche. Dieser wurde schließlich umgesetzt. Das Pfarrhaus baute man gleich mit (zu sehen bei 04:20, das Walmdachgebäude links der Straße mit rundbogigen Fenstern.)
August von Voit gestaltete die Inneneinrichtung der Kirche. Allerdings stieß die Erscheinung des neuen Gotteshauses bei der Bevölkerung und vor allem der Geistlichkeit auf wenig Gegenliebe aufgrund zu geringer sakraler Ausstrahlung und die Pastoren lehnten es ab, in diesem 'Theater' Gottes Wort zu predigen.
Die erste Orgel errichtete 1835 die Frankenthaler Werkstatt Geib & Littig als zweimanualiges Schleifladenwerk, deren Front (eines ursprünglich vermutlich geschlossenen Gehäuses mit Deckeln über den drei großen Prospektfeldern) erhalten ist. Hinter dieser befindet sich allerdings seit 1920 ein pneumatisches zweimanualiges Werk von Walcker, der die abgesägte und veränderte Front weiterverwendete. Dieses ist jedoch seit geraumer Zeit außer Funktion, sodass ein elektronisches Instrument der Kirchenmusik dienen muss.

Mein Dank gilt der prot. Pfarrei Wilgartswiesen sowie Frau Härtel für ihren herzlichen Empfang und den sympatischen Austausch.

Quellen: Kirchenchronik bzw Bernhard Bonkhoff

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