Beschreibung der Videos
Ein interessantes Stahlgeläut hängt im Turm von St.Norbert in Berlin-Schöneberg.
Die erste Kirche an der Dominicusstraße entstand zwischen 1913 und 1916 nach Plänen des Berliner Architekten Carl Kühn. Er entwarf eine im Prinzip neuromanische Kirche, die jedoch auch neubyzantinische Stilelemente erhalten sollte. Das Gotteshaus erhielt eine Doppelturmfassade, welche sich in die Häuserreihe an der Straße integrierte. Das Zentrum bildete kein Kirchenschiff, sondern ein Kuppelbau, der noch heute erhalten ist. Im 2.Weltkrieg erlitt St.Norbert zwar Schäden, jedoch kam die Kirche vergleichsweise glimpflich davon. Nach Kriegsende musste die beeindruckende Doppelturmfassade dem Umbau der Dominicusstraße weichen. Der Senat der Stadt Berlin entschädigte die Kirchengemeinde dafür so angemessen, dass sie ihr Gotteshaus zwischen 1958 und 1962 entsprechend umbauen lassen konnte. Das Architektentrio Hermann Fehling, Daniel Gogel und Peter Pfankuch entwarf eine moderne Front mit sehr schlankem Turm, hinter welcher sich weiterhin der alte Kuppelbau befinden sollte. Das Konzept ging auf. Somit wurde auch eine optische Einheit mit der angrenzenden Paul-Gerhardt-Kirche geschaffen, deren Architektur ebenfalls auf Entwürfen von Fehling und Gogel ruht. Die Innenausstattung von St.Norbert ist, wie fast zu erwarten, ebenfalls größtenteils modern. 1969 errichtete die Berliner Orgelbauwerkstatt Karl Schuke die dreimanualige Orgel.
Vier Stahlglocken hängen heute im schmalen Betonturm. Das Vorgängergeläut wurde ein Opfer des 2.Weltkriegs. Bereits 1955 erhielt die zweite große katholische Kirche in Berlin-Schöneberg, St.Matthias, vier neue Stahlglocken. Dies war auch der ausschlaggebende Grund, warum heute in St.Norbert ein Stahlgeläut erklingt. Ungewöhnlich, aber positiv für das Geläut ist, dass die zweitgrößte Glocke in einer Duroktavrippe gegossen wurde. Die optische Gestaltung aller Glocken ist sehr schlicht gehalten. Durch schlechte Wartung ist das gesamte Geläut mangelhaft intoniert. Die Marienglocke übertönt die anderen Glocken fast vollständig, während die große Christusglocke nicht genug Durchschlagskraft besitzt, um das Geläut als Fundament nach unten hin abzurunden. Dennoch lässt sich die Qualität dieses Geläutes erahnen, welches nach entsprechender Überarbeitung zu den schönsten Berlins zählen könnte.
Christusglocke, Schlagton cis'-7, Gewicht ca. 1.560 kg, Durchmesser 1594 mm, gegossen im Jahre 1961 vom Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation in Bochum.
Marienglocke, Schlagton e'-5, Gewicht ca. 1.300 kg, Durchmesser 1449 mm, gegossen im Jahre 1961 vom Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation in Bochum.
Matthiasglocke, Schlagton fis'-7, Gewicht ca. 640 kg, Durchmesser 1196 mm, gegossen im Jahre 1961 vom Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation in Bochum.
Norbertsglocke, Schlagton gis'-9, Gewicht ca. 455 kg, Durchmesser 1047 mm, gegossen im Jahre 1961 vom Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation.
Herzlichen Dank an den Pfarrer sowie an den Küster für die Aufnahmeermöglichung sowie an Nico für die Organisation!
Schaut euch auch Nicos Video an: https://www.youtube.com/watch?v=c3xZt86GjbM
Ablauf des Videos:
0:00 Vorspann mit Glockendaten
1:24 Video des Vollgeläutes und eingeblendeten Fotos der Glocken
7:14 Quellennachweis, Danksagungen
Es läuten die fünf Glocken der katholischen Kirche St. Matthias in Berlin-Schöneberg.
Am Winterfeldtplatz erhebt sich die schon von Weitem sichtbare dreischiffige Hallenkirche mit ihrem markanten Turm ohne Spitzhelm.
Die Kirche wurde in den Jahren 1893-95 in neogotischem Stil errichtet. Während des Zweiten Weltkrieges beschädigt, wurde sie nach dem Krieg in teilweise vereinfachter Form wiederhergestellt. So wurde beispielsweise auf die Wiedererrichtung der Turmspitze verzichtet.*
Traditionell ist der Pfarrer von St. Matthias aus dem westfälischen Bistum Münster. Clemens August Graf von Galen, der später selig gesprochen wurde, war hier von 1919 bis 1929 Pfarrer.**
Im Jahr 1902 wurde das erste Geläut angeschafft. Es bestand aus fünf Bronzeglocken. Während des ersten Weltkrieges mussten vier von ihnen abgeliefert werden. 1924 wurde unter Pfarrer von Galen die letzte verbliebene Glocke durch drei neue Glocken ergänzt.*** Die heute älteste Glocke der Kirche – die kleine Engelglocke – gehört zu diesen neu beschafften Glocken. Sie wurden in der Glockengießerei Gebr. Ulrich in Apolda gegossen.
Die Engelglocke weist zwei Stege am Wolm sowie zwei übereinander angeordnete Friese an der Schulter auf. Der untere Fries besteht aus ovalen aneinander gereihten Elementen zwischen Stegen, in deren Mitte sich jeweils eine Blüte und ein Kreuz mit floralen Ornamenten abwechseln. Der Fries darüber besteht aus sechszackigen Sternen zwischen Stegen und wird nach oben durch einen zusätzlichen Steg abgeschlossen. Die Inschrift mit Jahreszahl befindet sich an der Flanke, auf der Rückseite das Gießerzeichen und nochmals ein Vermerk des Gussjahres 1924.
Nur kurz sollte die Freude am wiederhergestellten Glockengeläut währen, denn während des zweiten Weltkrieges wurde es bis auf die Engelglocke dezimiert. Im Jahr 1955 konnte das Geläut dann wieder komplettiert werden. Diesmal durch vier Glocken aus Gussstahl, hergestellt beim Bochumer Verein in der Versuchsrippe 7e. Die Glocken sind Christus, Maria, Matthias und Papst Pius X. gewidmet. Inschriften befinden sich jeweils am Wolm und an der Schulter. Auffällig sind die Bildnisse an der Flanke, welche das Patronat der jeweiligen Glocke zum Thema haben. So trägt die Christusglocke ein Kreuz mit den Buchstaben Alpha und Omega. Die Marienglocke trägt ein Mariensymbol (M mit Krone). Die Matthiasglocke ziert ein Staurogramm mit Schwert. Die Pius-X.-Glocke trägt als Hinweis auf das Papstamt zwei gekreuzte Schlüssel. Zusammen mit der kleinen verbliebenen Engelglocke bilden die vier Gussstahlglocken als Tonfolge das Motiv „Ad te levavi animam meam“. Während des Vollgeläutes dominieren die klangstarken Gussstahlglocken, sodass die historische Engelglocke nur schwach wahrzunehmen ist.
Alle Glocken hängen an geraden Stahljochen in einem Stahlglockenstuhl.
Aus den offenen Fensteröffnungen der geräumigen Glockenstube bietet sich eine hervorragende Sicht über Berlin.
Glockendaten (Durchmesser und Gewichte sind Schätzwerte nach: ****):
Glocke 1
Christusglocke
Gussjahr: 1955
Gießer: Bochumer Verein
Durchmesser: ca. 1800 mm
Gewicht: ca. 2230 kg
Nominal: h°
Material: Gussstahl
Glocke 2
Marienglocke
Gussjahr: 1955
Gießer: Bochumer Verein
Durchmesser: ca. 1510 mm
Gewicht: ca. 1350 kg
Nominal: d‘
Material: Gussstahl
Glocke 3
Matthiasglocke
Gussjahr: 1955
Gießer: Bochumer Verein
Durchmesser: ca. 1350 mm
Gewicht: ca. 940 kg
Nominal: e‘
Material: Gussstahl
Glocke 4
Pius-X.-Glocke
Gussjahr: 1955
Gießer: Bochumer Verein
Durchmesser: ca. 1180 mm
Gewicht: ca. 620 kg
Nominal: fis‘
Material: Gussstahl
Glocke 5
Engelglocke
Gussjahr: 1955
Gießer: Gebr. Ulrich, Apolda
Nominal: a‘
Material: Bronze
Herzlichen Dank an Pfarrer Dr. Wieneke für die Genehmigung der Aufnahme sowie an Frau Kasper vom Pfarramt für die Vermittlung und an den Organisten Herrn Seyda für die Übergabe des Schlüssels. Danke an C.K. für die Begleitung.
Aufnahmedatum: Weihnachten, 25.12.2024
Verwendete Quellen und Literatur:
*Landesdenkmalamt Berlin: Denkmaldatenbank – Eintrag Kath. St. Matthias-Kirche: https://denkmaldatenbank.berlin.de/daobj.php?obj_dok_nr=09066735 (abgerufen am 03.01.2025).
**Geschichte von St. Matthias auf dem Winterfeldplatz. Auf der Internetseite der Kirchengemeinde: https://www.st-matthias-berlin.de/kirchen/pfarrkirche-st-matthias/st-matthias-geschichte (abgerufen am 03.01.2025).
*** Chronik der Pfarrei St. Matthias – Eineinhalb Jahrhunderte katholisches Leben in Berlin-Schöneberg. Auf der Internetseite der Kirchengemeinde: https://www.st-matthias-berlin.de/pfarrei/geschichte/chronik-der-pfarrei-st-matthias (abgerufen am 05.01.2025).
**** Archiv Fehn: Rippentabellen nach dem Zweiten Weltkrieg, Moll-Oktavglocken, in: Fehn, Theo: Der Glockenexperte, Band 3, Die Bochumer Gussstahlglocken und Theo Fehn, hrsg. Von Gertrud Fehn, Badenia Verlag Karlsruhe, 1997, S. 467
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