Beschreibung der Videos

Es gibt viele Eisenglocken, doch wohl kaum eine ist so schön wie die, die in der Kuppel der Kapelle auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg hängt.
Am 25.März des Jahres 1856 wurde der Friedhof eingeweiht. Schon 7 Jahre später musste er vergrößert werden. Auf dem Friedhof befinden sich heute über 50 Ehrengräber von mehr oder weniger bekannten Personen. Dennoch dürften die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm den meisten unter uns weilenden Personen ein Begriff sein. Im 2.Weltkrieg drohte dem Friedhof die totale Liquidation. Für Adolf Hitlers Welthauptstadt Germania sollte er aufgegeben werden. Glücklicherweise kam es nicht dazu! An die Widerstandskämpfer um Claus Graf Schenk von Stauffenberg erinnert ein nach Kriegsende errichteter Gedenkstein. 2007 wurde der gemeinnützige Verein Efeu e.V. gegründet, der sich nun für den Erhalt und die Pflege des Friedhofs einsetzt.
Die auf dem Friedhofsgelände befindliche Kapelle wurde von 1907 bis 1908 nach den Plänen von Gustav Werner in einem neobarocken Stil erbaut. Die Bauleitung übernahm der Baurat Carl Tesenwitz.
In der Kuppel befindet sich eine Glocke des Neuköllner Eisenwerks Franz Weeren. Der 3-feldrige Stahlglockenstuhl weist drauf hin, dass es dort früher mehrere Glocken gegeben haben muss. Nach Ende des 2.Weltkriegs standen anscheinend nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung, um sich ein mehrstimmiges Bronzegeläute anzuschaffen. Die jetzige Eisenglocke zeichnet sich durch einen sehr warmen und fülligen Klang aus, was man nicht von jeder Glocke behaupten kann die aus diesem Metall gegossen wurde. In sofern kann man nur hoffen, dass nicht irgendein dahergelaufener Glockensachverständiger der Friedhofsverwaltung zum Austausch dieser Glocke rät...

Glocke I, Schlagton dis''+3, Gewicht ca. 370 kg, Durchmesser 967 mm, gegossen in den 1950er-Jahren vom Eisenwerk Franz Weeren in Berlin-Neukölln.

Herzlichen Dank an seine erlauchte Eminenz Franziskus für die Organisation und das Ein-/Ausschalten! ;-)


Ablauf des Videos:
0:00 Vorspann mit Glockendaten
1:24 Video des Vollgeläutes und eingeblendeten Fotos der Glocken
7:14 Quellennachweis, Danksagungen

Es läuten die fünf Glocken der katholischen Kirche St. Matthias in Berlin-Schöneberg.
Am Winterfeldtplatz erhebt sich die schon von Weitem sichtbare dreischiffige Hallenkirche mit ihrem markanten Turm ohne Spitzhelm.

Die Kirche wurde in den Jahren 1893-95 in neogotischem Stil errichtet. Während des Zweiten Weltkrieges beschädigt, wurde sie nach dem Krieg in teilweise vereinfachter Form wiederhergestellt. So wurde beispielsweise auf die Wiedererrichtung der Turmspitze verzichtet.*
Traditionell ist der Pfarrer von St. Matthias aus dem westfälischen Bistum Münster. Clemens August Graf von Galen, der später selig gesprochen wurde, war hier von 1919 bis 1929 Pfarrer.**

Im Jahr 1902 wurde das erste Geläut angeschafft. Es bestand aus fünf Bronzeglocken. Während des ersten Weltkrieges mussten vier von ihnen abgeliefert werden. 1924 wurde unter Pfarrer von Galen die letzte verbliebene Glocke durch drei neue Glocken ergänzt.*** Die heute älteste Glocke der Kirche – die kleine Engelglocke – gehört zu diesen neu beschafften Glocken. Sie wurden in der Glockengießerei Gebr. Ulrich in Apolda gegossen.
Die Engelglocke weist zwei Stege am Wolm sowie zwei übereinander angeordnete Friese an der Schulter auf. Der untere Fries besteht aus ovalen aneinander gereihten Elementen zwischen Stegen, in deren Mitte sich jeweils eine Blüte und ein Kreuz mit floralen Ornamenten abwechseln. Der Fries darüber besteht aus sechszackigen Sternen zwischen Stegen und wird nach oben durch einen zusätzlichen Steg abgeschlossen. Die Inschrift mit Jahreszahl befindet sich an der Flanke, auf der Rückseite das Gießerzeichen und nochmals ein Vermerk des Gussjahres 1924.
Nur kurz sollte die Freude am wiederhergestellten Glockengeläut währen, denn während des zweiten Weltkrieges wurde es bis auf die Engelglocke dezimiert. Im Jahr 1955 konnte das Geläut dann wieder komplettiert werden. Diesmal durch vier Glocken aus Gussstahl, hergestellt beim Bochumer Verein in der Versuchsrippe 7e. Die Glocken sind Christus, Maria, Matthias und Papst Pius X. gewidmet. Inschriften befinden sich jeweils am Wolm und an der Schulter. Auffällig sind die Bildnisse an der Flanke, welche das Patronat der jeweiligen Glocke zum Thema haben. So trägt die Christusglocke ein Kreuz mit den Buchstaben Alpha und Omega. Die Marienglocke trägt ein Mariensymbol (M mit Krone). Die Matthiasglocke ziert ein Staurogramm mit Schwert. Die Pius-X.-Glocke trägt als Hinweis auf das Papstamt zwei gekreuzte Schlüssel. Zusammen mit der kleinen verbliebenen Engelglocke bilden die vier Gussstahlglocken als Tonfolge das Motiv „Ad te levavi animam meam“. Während des Vollgeläutes dominieren die klangstarken Gussstahlglocken, sodass die historische Engelglocke nur schwach wahrzunehmen ist.
Alle Glocken hängen an geraden Stahljochen in einem Stahlglockenstuhl.
Aus den offenen Fensteröffnungen der geräumigen Glockenstube bietet sich eine hervorragende Sicht über Berlin.

Glockendaten (Durchmesser und Gewichte sind Schätzwerte nach: ****):

Glocke 1
Christusglocke
Gussjahr: 1955
Gießer: Bochumer Verein
Durchmesser: ca. 1800 mm
Gewicht: ca. 2230 kg
Nominal: h°
Material: Gussstahl

Glocke 2
Marienglocke
Gussjahr: 1955
Gießer: Bochumer Verein
Durchmesser: ca. 1510 mm
Gewicht: ca. 1350 kg
Nominal: d‘
Material: Gussstahl

Glocke 3
Matthiasglocke
Gussjahr: 1955
Gießer: Bochumer Verein
Durchmesser: ca. 1350 mm
Gewicht: ca. 940 kg
Nominal: e‘
Material: Gussstahl

Glocke 4
Pius-X.-Glocke
Gussjahr: 1955
Gießer: Bochumer Verein
Durchmesser: ca. 1180 mm
Gewicht: ca. 620 kg
Nominal: fis‘
Material: Gussstahl

Glocke 5
Engelglocke
Gussjahr: 1955
Gießer: Gebr. Ulrich, Apolda
Nominal: a‘
Material: Bronze

Herzlichen Dank an Pfarrer Dr. Wieneke für die Genehmigung der Aufnahme sowie an Frau Kasper vom Pfarramt für die Vermittlung und an den Organisten Herrn Seyda für die Übergabe des Schlüssels. Danke an C.K. für die Begleitung.

Aufnahmedatum: Weihnachten, 25.12.2024

Verwendete Quellen und Literatur:
*Landesdenkmalamt Berlin: Denkmaldatenbank – Eintrag Kath. St. Matthias-Kirche: https://denkmaldatenbank.berlin.de/daobj.php?obj_dok_nr=09066735 (abgerufen am 03.01.2025).
**Geschichte von St. Matthias auf dem Winterfeldplatz. Auf der Internetseite der Kirchengemeinde: https://www.st-matthias-berlin.de/kirchen/pfarrkirche-st-matthias/st-matthias-geschichte (abgerufen am 03.01.2025).
*** Chronik der Pfarrei St. Matthias – Eineinhalb Jahrhunderte katholisches Leben in Berlin-Schöneberg. Auf der Internetseite der Kirchengemeinde: https://www.st-matthias-berlin.de/pfarrei/geschichte/chronik-der-pfarrei-st-matthias (abgerufen am 05.01.2025).
**** Archiv Fehn: Rippentabellen nach dem Zweiten Weltkrieg, Moll-Oktavglocken, in: Fehn, Theo: Der Glockenexperte, Band 3, Die Bochumer Gussstahlglocken und Theo Fehn, hrsg. Von Gertrud Fehn, Badenia Verlag Karlsruhe, 1997, S. 467

Tags

Mehrere Videos parallel von Engerlingraucher, Glockentim mit Berlin-Schöneberg, Alter St.-Matthäus-Kirchhof, Glocke, Bell, Cloche, Campana, Sino, Dzwon, Zvon, Kirkeklok, Kerkklok, Franz Weeren, Eisenglocke, Glocken, Kirchenglocken