Beschreibung der Videos
Fünf Glocken erklingen vom Turm der katholischen Stadtpfarrkirche St. Johannes der Täufer im beschaulichen Städtchen Hofheim in Unterfranken. Sicherlich wurde bereits vor der Grundsteinlegung des Kirchturmes im Jahr 1593 mit Glocken zum Gottesdienst gerufen; wann das Gotteshaus jedoch sein erstes Geläute erhalten hat, kann heute nicht mehr festgestellt werden. Im Zuge der Barockisierung von Kirche und Turm in den Anfängen des 18. Jahrhunderts, erfolgte ab 1746 auch eine Erneuerung des Glockengeläutes. Wie aus historischen Dokumenten hervorgeht, erhielt der Würzburger Glocken- und Stückgießer Johann Adam Roth noch im selben Jahr den Auftrag, das bisherige Geläute zu "vergrößern". Mit ziemlicher Sicherheit hat man damals das alte Geläute eingeschmolzen und dessen Bronze für den Guss der neuen Glocken verwendet. Zunächst lieferte Roth die kleine Muttergottes- und die Sebastiansglocke. Beide weisen ähnliche, auch auf die Gussumstände eingehenden Verzierungen auf - die Schulterumschriften geben beispielsweise Aufschluss über die Stifter der Glocken. Während die größere Sebastiansglocke wohl ein Geschenk von Anna Barbara Valtenmeyer gewesen war ("campana haec maiorata sumptibus anna barbara valtenmeyerin de hofheim 1746") ist die kleine Glocke von "[...] nicolaus poelitz praetorius in hofheim ad 1746" gestiftet worden. Der lateinische Begriff "Prätor" meint hier nichts weiter als Bürgermeister, wird jedoch in der Barockzeit häufiger stattdessen stolz verwendet. Neben dem Gießerzeichen Roths befindet sich auf den Flanken der Glocken ein Relief des Hl. Sebastian bzw. der Muttergottes. Nach diesem Guss konnte von einer Vergrößerung des Geläutes zunächst aber nicht die Rede sein - erst 1753 konnten die beiden noch fehlenden Glocken ergänzt werden. Die kleinere, der Heiligen Agatha geweihte Glocke wird von der Kreuzigungsgruppe und einem Relief der Heiligen verziert; die größere hingegen von einem Abbild des Hofheimer Kirchenpatrones - Johannis. Fast zwei volle Jahrhunderte konnte das vierstimmige Geläute von Johann Adam Roth erklingen, selbst von Glockenabnahmen im Ersten Weltkrieg blieb es verschont. Doch im Zweiten Weltkrieg sollten drei der vier ehrwürdigen Glocken ihren angestammten Platz hoch im Turm verlassen und als kriegswichtiges Material für die Rüstungsindustrie eingeschmolzen werden müssen. Während die kleinste Glocke als einzige im Kirchturm verbleiben durfte, wurden die Sebastians- und die Agathaglocke am 10. Januar 1942 aufwändig vom Turm genommen. Anschließend sollte auch die große, alte Johannisglocke folgen - doch die Seile rissen, die Glocke stürzte zu Boden und zersprang in unzählige Teile. Die beiden anderen Glocken wurden zusammen mit den Trümmern der großen Glocke abtransportiert, blieben aber aufgrund ihres historischen Wertes zunächst vom Schmelzofen zurückgestellt. Nach Kriegsende konnten sie - glücklicherweise - wieder "heimgeholt" werden. Als Ersatz für die zersprungene Johannisglocke fertigte Benjamin Grüninger in Villingen 1949 eine neue große Glocke in normaler Legierung. Wenige Jahre später ersetzte man zudem - leider - den historischen Holzglockenstuhl durch die bis heute vorhandene Stahlkonstruktion. Da im Stahlglockenstuhl von Anfang an ein Gefach für eine weitere Glocke ausgelegt war, und auch musikalisch nichts gegen eine Ergänzung des Geläutes sprach, wurde im Lauf der Jahrzehnte immer wieder über eine mögliche Erweiterung nachgedacht. Im Juli 2011 konnte die neue Glocke endlich in der Passauer Glockengießerei Perner gegossen werden. Schon wenige Tage nach ihrer Weihe am 02. Oktober erklang die Schutzengelglocke erstmals gemeinsam mit ihren älteren Schwestern Die differenzierte Läuteordnung sieht das feierliche Geläute aller fünf Glocken nur zu besonderen Anlässen vor - das Jubiläumsjahr "500 Jahre Stadtpfarrkirche Hofheim", welches ab dem 20. September 2020 begangen wird, ist sicher einer davon.
Gl. 1 | Johannisglocke | es' | 1320 mm | Benjamin Grüninger, Villingen; Guss Nr. 794 (1949)
Gl. 2 | Sebastiansglocke | ges' | 1055 mm | Johann Adam Roth, Würzburg (1746)
Gl. 3 | Schutzengelglocke | as' | 600 kg | 1023 mm | Rudolf Perner, Passau (2011)
Gl. 4 | Agathaglocke | b' | 865 mm | Johann Adam Roth, Würzburg (1753)
Gl. 5 | Muttergottesglocke | des'' | 710 mm | Johann Adam Roth, Würzburg (1746)
Zum Videoprogramm: Zunächst erfolgt eine Führung durch die Kirche, während im Hintergrund ein Eindruck des Geläutes von außen gegeben wird. Anschließend erklingen die Glocken im Einzelnen. Es beginnt "Muttergottes" bei 02:10, gefolgt von Agatha "03:15", "Schutzengel" ab 04:30, "Sebastian" (06:10) und zuletzt der großen Johannisglocke bei 07:40. Zum Abschluss wird ab 09:40 ein Eindruck in das festliche Geläute aller Glocken gegeben.
Zu einem geschichtlichen Abriss der Stadtpfarrkirche: https://glockenzeit-info.webnode.com/hofheimpfarrkirche/
Eine Übersicht über die Glocken der 17 Kirchen und Kapellen in der PG Hofheim ist hier zu finden: http://www.glockenzeit-info.webnode.com/pghofheim
Es erklingen die 7 Glocken der katholischen Kirche St. Martin in Junglinster in Luxemburg.
Das Geläut darf sich mit Sicherheit zu einem der klangschönsten und vielstimmigsten neu geschaffenen der letzten Jahre zählen!
Stimmung: c'+5 es'+6 f'+4 g'+1 as'+9 b'-3 c''+8
Glocken 1+3+5+7 Michael Reuter/Maria Laach 2009
Glocke 2 Firmin Causard/Colmar 1895
Glocke 4 ubz. 1773
Glocke 6: ubz. 1721
Glocke 1: Maria
Gewicht: 2304 kg
Ø: 1518 mm
Inschrift:
HELLEG MARIA
TRÉISCHTERIN AM LEED PATRÉINESCH VU STAD A LAND
FÉIER EIS ZU DENGEM JONG JESUS CHRISTUS
BIET FIR EIST LAND AN EIS KIERCH ZU LËTZEBUERG
ECH LAUDE FIR DE GLAF Z’ERHALTEN D’HOFFNUNG ZE
STÄRKEREN AN D’LÉIFT ZE VERDÉIWEN - JONGLËNSTER 2009
Glocke 2: Herz-Jesu
Gewicht: 1750 kg
Ø: 1370 mm
Inschrift:
ECCLESIAE PAROCHIALI AD SANCTUM MARTINUM IN
JUNGLINSTER/IN HONOREM S.S. CORDIS JESU ME FUNDERE
FECERUNT: NICOLAUS KRIER, PAROCHUS, THERESIA
BRENTNER, SUZANNA OLINGER/CONSORES: MARIA,
MAGDALENA KLEINT ET ALII BENEFACTORES PAROCHIAE
CONVOCO PIOS LVGEO FVNVS FUGO TEMPESTATES EXTINGVO INCENDIA
FUSA PER CAUSARD ARGENTIAE COLMAIRE 1895
Glocke 3: Josef
Gewicht: 1202 kg
Ø: 1193 mm
Inschrift:
HELLEGE JOUSEF
BESCHEIDENEN AARBECHTER AN TREIE BESCHÜTZER VUN DER HL. FAMILL
WAACH IWWER ALL DÉI DÉI SCHAFFEN BESCHÜTZ EIS
FAMILLJEN A BEGLEET DÉI DÉI STIERWEN
ECH LAUDE FIR EENHEET ËNNERT DIE MËNSCHEN A
FRIDDEN OP DER ÄERD
JONGLËNSTER 2009
Glocke 4: Walburga und Franz Xaver
Gewicht: ca. 630 kg
Ø: 1010 mm
Inschrift:
IN HONOREM SS. WALBURGAE ET F. XAVIERII 1773
Glocke 5: Willibrord
Gewicht: 767 kg
Ø: 1025 mm
Inschrift:
HELLEGE WILLIBRORD
ONERMIDDLECHE MISSIONAR AN APOSTEL VUN EISER HEEMECHT
HËLLEF EIS D’LÉIFT VU JESUS CHRISTUS AN D’WELT ERAUS ZE DROEN
ECH LAUDEN ZUM LUEF VUM HÄRGOTT
JONGLËNSTER 2009
Glocke 6: Martin
Gewicht: ca. 300 kg
Ø: 800 mm
Inschrift:
S. MARTINUS PATRON IN DER PHARKIRCH ZU IUNGLIETZTER ANNO 1721
BARRON DE METZENHAUSEN VON BURGLIETZTER HOCHGERICHTS HERR
IOHANNES WEISGERBER PASTOR IOHANNES WIE MEYER
Glocke 7: Schetzel
Gewicht: 497 kg
Ø: 875 mm
Inschrift:
SÉLEGE SCHETZEL
EINSIIDLER AM GRÉNGEWALD A FRËND VUN DER NATUR
HËLLEF EIS DEN HÄRGOTT A SENGER SCHÖPFUNG Z’ERKENNEN
ECH LAUDEN ZUR FREED VUN DE MËNSCHEN
JONGLËNSTER 2009
Das Geläut im Turm der Martinskirche ist ein unverwechselbares Klangerlebnis. Die historischen Glocken bringen Farbe mit in den Gesamtklang, wobei daran auch die verzogene Schlagtonlinie maßgeblich beteiligt ist. Körperschall und Klangentfaltung sind in der Glockenstube für ein Geläut dieser Größe doch recht beeindruckend. Zuletzt sollte noch erwähnt sein, dass auch hier das von Fehn entwickelte Verfahren der Rippenprogression angewandt wurde (c'' mit fast 500 kg (!!!) - c' mit 2300 kg).
Junglinster kann zu diesem vielstimmigen Glockenensemble nur beglückwünscht werden und es bleibt zu hoffen, dass die differenzierte Nutzung des Geläutes so beibehalten wird, wie bisher.
Die Pfarrkirche zu Junglinster ist ein Prachtstück des barocken Sakralbaues in Luxemburg. Bei einem Besuch in der Gegend sollte sie nicht ausgelassen werden.
Baubeginn war im Jahr 1772. Schon zwei Jahre später konnte sie fertig gestellt werden (Glocke 6 hing also schon im Vorgängerbau!). Die Fresken am Triumphbogen und im Chorraum legte man 1896 frei, sie stammen aus dem 18. Jh.
Einige Worte über die Orgel der Kirche:
1887 von Charles Wetzel erbaut, erfuhr sie 2009/10 eine Restaurierung und Erweiterung durch die Hugo Mayer Orgelbau aus Heusweiler im Saarland. Mit 29 klingenden Registern und 1720 Pfeifen auf zwei Manualen gehört das romantische Instrument zu den größeren der Umgebung. Koppeln existieren folgende: II-I, I-P, II-P (zusätzlich: II-P 4'; II-I 16'; II-I 4'; II-II 16'; II-II 4'). Das Instrument besitzt Schleifladen mit mechanischer Ton- und Registertraktur, liegt bei a' = 440 HZ (bei 16°C) und besitzt eine gleichstufig temperierte Stimmungsart.
(Quelle: Begleitheft Orgel-CD der Orgel von Junglinster)
Als letztes möchte ich dem Dekan von Echternach noch eine Dank aussprechen für das Läuten aller Glocken! Philipp sei für die Vermittlung des Kontaktes ebenfalls gedankt.
Aufnahme: Einläuten von Mariä Himmelfahrt 2015
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