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Eines der tontiefsten Eisenhartgussgeläute im süddeutschen Raum befindet sich im Turm der Schongauer Stadtpfarrkirche.
Die Geschichte von St.Mariä Himmelfahrt in Schongau geht auf das 13. Jahrhundert zurück. Von dem damals noch romanischen Gebäude sind nur Fundamentreste erhalten geblieben. Aus dem 15. Jahrhundert stammen Teile des Chors und des Turms. Letzterer stürzte 1667 ein, wurde jedoch wieder aufgebaut. Ihr heutiges Erscheinungsbild erhielt die Kirche durch den Neubau des Langhauses zwischen 1751 und 1753. Den Plan hierfür lieferte wahrscheinlich der Münchener Hofbaumeister Johann Baptist Gunetzrhainer. Die Stuckaturen im Innenraum stammen von bedeutenden Künstlern wie Dominikus Zimmermann und Jakob Stiller. Besonders reichhaltig ist auch die vorwiegend historische Innenausstattung. Dazu zählen ein romanischer Tischaltar aus dem 13. Jahrhundert, ein spätgotisches Kruzifix und die barocken Altäre. Auch die zahlreichen Heiligenfiguren stammen größtenteils noch aus dem 17. bzw. 18. Jahrhundert. Auf der Westempore befindet sich die 2012 von Hubert Sandtner aus Dillingen gebaute dreimanualige Orgel mit 43 Registern. Ergänzt wird diese seit 2017 durch eine gebraucht erworbene Chororgel mit fünf Registern, die ebenfalls aus der Werkstatt Sandtner stammt und 1975 gebaut wurde.
Insgesamt hängen heute sechs Glocken in der Glockenstube von St.Mariä Himmelfahrt. Die kleinste von ihnen, die ausschließlich solistisch verwendete Sterbeglocke, ist ein Werk des Augsburger Glockengießers Peter Gereis aus dem Jahr 1493. Sie ist der Rest eines ehemals sechsstimmigen Geläutes, welches Gereis unmittelbar nach dem großen Stadtbrand von 1493 goss. Beim Einsturz des Turmes im Jahr 1667 bleiben immerhin fünf der sechs Glocken unbeschädigt. Das Schicksal der zerstörten Glocke ist weiter nicht bekannt. Im Jahr 1806 folgt dann ein entscheidender Einschnitt in den bis dato vorhandenen Glockenbestand. Das, laut den damaligen Quellen, schadhaft gewordene Geläut wird, bis auf die Sterbeglocke, beim Glockengießer Nicolaus Regnault in München für neue Glocken in Zahlung gegeben. Regnault gießt daraufhin drei neue Glocken, zu denen sich dann noch zwei weitere aus aufgelösten Klöstern gesellten. Die größere davon stammte aus dem Steingadener Welfenmünster und war 1589 durch Caspar und Nicolaus Dietrich aus Ingolstadt gegossen worden. Aus der ehemaligen Karmeliterkirche in Schongau kam die 1730 durch Anton Benedikt Ernst aus München gegossene Messglocke in die Stadtpfarrkirche. Dieses bunte Ensemble wurde schließlich im Jahr 1914 für ein neues, fünfstimmiges Geläut in der Augsburger Glockengießerei Hamm eingeschmolzen. Blieben diese Glocken im Ersten Weltkrieg vom Einschmelzen verschont, so war es der Zweite Weltkrieg, der neben der spätgotischen Sterbeglocke auch die 1914 gegossene Josefsglocke zwar verschonte, aber den restlichen Glockenbestand vernichtete. Als Ersatz für die vier zerstörten Bronzeglocken lieferte die Turmuhrenfabrik und Glockengießerei J. F. Weule aus Bockenem im Jahr 1949 vier neue Instrumente aus Eisenhartguss. Freilich ist die Abstimmung auf die alte Josefsglocke nicht besonders gut geglückt, jedoch können die Eisenhartgussglocken für sich durch eine außerordentliche Singfreudigkeit überzeugen. Vor allem die große Marienglocke ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, was man glockenmusikalisch aus dem Werkstoff Eisen herausholen konnte! Laut eines offiziellen Gutachtens sollen sich Risse und Löcher in den Eisenhartgussglocken befinden und diese auch von innen heraus rosten. "Wer's glaubt, wird selig". Auf Grundlage dieses Gutachtens wurden in vergangenen Jahren Spenden für neue Bronzeglocken gesammelt, welche noch in diesem Jahr in der Passauer Glockengießerei Perner gegossen werden. Damit ist die Zeit für eines der tontiefsten und sicherlich auch klangvollsten Eisenhartgussgeläute Süddeutschlands abgelaufen...
Marienglocke, Schlagton c'+2, Gewicht ca. 2.970 kg, Durchmesser 1781 mm, gegossen im Jahre 1949 von J. F. Weule in Bockenem.
Antoniusglocke, Schlagton es'+4, Gewicht ca. 1.750 kg, Durchmesser 1500 mm, gegossen im Jahre 1949 von J. F. Weule in Bockenem.
Josefsglocke, Schlagton f'-6, Gewicht ca. 950 kg, Durchmesser 1161 mm, gegossen im Jahre 1914 von der Glockengießerei Hamm in Augsburg.
Georgsglocke, Schlagton g'+5, Gewicht ca. 860 kg, Durchmesser 1196 mm, gegossen im Jahre 1949 von J. F. Weule in Bockenem.
Armeseelenglocke, Schlagton b'-2, Gewicht ca. 510 kg, Durchmesser 996 mm, gegossen im Jahre 1949 von J. F. Weule in Bockenem.
Ein herzlicher Dank geht an Stadtpfarrer Norbert Marxer und insbesondere an Andreas für die Ermöglichung der Aufnahmen!
Ein besonders klangschönes Eisenhartgussgeläut beherbergt St.Bartholomäus in Wesselburen.
Die Bartholomäuskirche geht in ihren Grundmauern wohl auf das 12. Jahrhundert zurück. Aus dieser Zeit stammt der aus Tuffstein erbaute Rest des Rundturms. Ein Brand zerstörte im Jahr 1736 das Gotteshaus vollständig. Der Wiederaufbau erfolgte unter dem Landesfürsten Carl Friedrich von Holstein-Gottorf nach einem Entwurf des großfürstlichen Landesbaumeisters Johann Georg Schott aus Vaihingen an der Enz. Turm und Chor wurden in den Neubau integriert. Das Dach erhielt einen Dachreiter mit Zwiebelturm, welcher der einzige seiner Art in Schleswig-Holstein ist. Von der mittelalterlichen Ausstattung blieb ein steinernes Taufbecken aus dem 13. Jahrhundert sowie zwei gotische Figuren, welche Maria und Johannes zeigen, erhalten. Der Rest wurde im Laufe des 18. Jahrhunderts vollständig erneuert. Von der barocken Orgel, welche zwischen 1740 und 1741 durch Johann Hinrich Klapmeyer aus Glückstadt erbaut wurde, ist nur noch das Gehäuse erhalten geblieben. Nach diversen Umbauten war von dem alten Instrument nichts mehr vorhanden, sodass ein rekonstruktiver Neubau durch Rowan West aus Altenahr 2011 vollendet werden konnte. Die Orgel besitzt heute 32 Register, verteilt auf zwei Manuale und Pedal.
Über das mittelalterliche Geläut von St.Bartholomäus ist nichts bekannt. Im Jahr 1738 gossen Johann Andreas Bieber und Nicolaus Müller aus Hamburg ein neues Geläut sowie mindestens eine Uhrschlagglocke, die heute noch vorhanden ist und im Dachreiter hängt. Die anderen Glocken sind im Ersten Weltkrieg abgeliefert und eingeschmolzen worden. Als Ersatz beschaffte man sich 1921 ein dreistimmiges Eisenhartgussgeläut der Firma Ulrich & Weule aus Bockenem. Die kleine Glocke wurde ursprünglich einen Halbton höher bestellt, was jedoch in diesem Fall glücklicherweise nicht gelang. So erklingt das Wesselburener Geläut in einer für die Region einzigartigen Disposition! Aus der Entstehungszeit stammen auch die Joche und die Klöppel, sodass wir es hier mit einer technisch fast unveränderten Anlage zu tun haben. Lediglich in den 1950er-Jahren erfolgte eine Elektrifizierung des Geläutes. Auch ist der außergewöhnlich gute Erhaltungszustand der Glocken erwähnenswert, was unter dem Gesichtspunkt der in der Region vorherrschenden klimatischen Bedingungen nicht selbstverständlich ist. Alles in allem besitzt St.Bartholomäus so ein in jeder Hinsicht denkmalwertes Ensemble aus Eisenhartgussglocken, dessen Ersatz, wegen angeblicher Rostschäden, in absehbarer Zeit droht. Die zuständige Denkmalbehörde wurde bereits in Kenntnis gesetzt und somit erste wichtige Schritte eingeleitet. Eine denkmalgerechte Sanierung des Geläutes ist in diesem Fall mehr als wünschenswert!
Erste Glocke, Schlagton d'-2, Gewicht ca. 2.180 kg, Durchmesser 1765 mm, gegossen im Jahre 1921 von der Glockengießerei Ulrich & Weule in Bockenem.
Zweite Glocke, Schlagton e'+3, Gewicht ca. 1.520 kg, Durchmesser 1542 mm, gegossen im Jahre 1921 von der Glockengießerei Ulrich & Weule in Bockenem.
Dritte Glocke, Schlagton f'±0, Gewicht ca. 1.285 kg, Durchmesser 1427 mm, gegossen im Jahre 1921 von der Glockengießerei Ulrich & Weule in Bockenem.
Herzlichen Dank an Pastorin Simone Fucker sowie an Herrn Rohde für die Aufnahmeermöglichung und das Sonderläuten!
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